(aus "HR Business Partner - Die Spielmacher des Personalmanagements" - Martin Classen/Dieter Kern, 2009)
1) Charakterisieren
Sie doch mal bitte den idealen HR Business Partner?
Basierend auf dem
Gedankengebäude eines Dave Ulrich ist der Aufgabenbereich des idealen HR
Business Partners heute sehr umfassend. – Es geht nicht darum, dass der „Personaler“ sich auf den Weg begibt, um
sich vom Administrative Expert über den Employee Champion bis hin zum Change
Agent und Strategic Partner zu entwickeln, sondern darum, dass er die gesamte
Klaviatur beherrscht. – Das Entwicklungsstadium einer Organisation, der
Reifegrad deren Führungsmannschaft mag bestimmen, welche Aspekte im bestimmten
Phasen verstärkt benötigt und welche Skills dementsprechend abgerufen werden
müssen.
Zentrale Basisanforderung
an den idealen HR Business Partner ist dabei neben der Fähigkeit, Vertrauen und
Netzwerke aufzubauen, ein weitreichendes Businessverständnis, um People Themen
und Business Themen zu vernetzen bzw. dem Business Leader bei dieser Vernetzung
zu unterstützen. Dieses hat mit Fokus auf den langfristigen Unternehmenserfolg
zu geschehen.
Gerade im internationalen
Konzern, der häufig als Matrixorganisation strukturiert ist, bietet dieses
Businessverständnis die Platform für bereichsübergreifende Kollaboration.
Daneben kann die besondere
Beziehung zur beratenen Führungskraft
idealerweise in grösstmöglicher Unabhängigkeit von einer Berichtslinie
die Möglichkeit eines Alleinstellungsmerkmals als intelligentes Sounding Board
zu vielfältigen Themen der Unternehmenslenkung offerieren. –
Eine Position, in der diese noch am Ehesten mit dem externen HR Berater
konkurriert, dem jedoch per Definition der interne Blickwinkel und die Nähe zur
Organisation fehlen wird.
2) Gibt
es den bereits in ihrem Unternehmen? Und wie oft?
Idealiter existiert ein
ähnliches Profil bereits zumindest
auf Beratungsebene der Geschäftsführung.
Generell schwankt die
Nähe zum Idealbild im Einzelfall , sowohl in Abhängigkeit von Skills als auch
Bedarf und Seniorität des Kunden. – Zudem können im Alltag überlappende
Anforderungen oder auch Qualitätsmängel in Basisprozessen dazu führen, dass der
Raum, dieses Ideal zu leben verengt wird. – Getting the basics right ist
sicherlich auch für eine anspruchsvolle HR Funktion mit gut qualifizierten
Individuen eine Eingangsvoraussetzung, um ihre
Qualitäten auch ausspielen zu können.
3) Sind
dies Naturtalente oder haben Sie eine systematische Auswahl und Ausbildung?
Talent und Erfahrung
spielen eine entscheidende Rolle. Unter dem Aspekt Erfahrung sicherlich auch
das Unternehmensumfeld, das – häufig im Wege des „Learning on the job“ –
zulassen, ja wünschen muss, dass der HR Partner Verantwortungsfelder jenseits
der klassischen Administration besetzt. – Wie auch in allen anderen Feldern des
lebenslangen Lernens sind begleitende theoretische Ausbildungen unterstützend
hilfreich, jedoch nur als flankierende Massnahmen. – Herausfordernde Aufgaben
zu erhalten und einen Manager oder ggf. Mentor zu haben, der daraus
resultierende Risiken überschaut und im Krisenfall managed, prägt persönliches
Wachstum am Intensivsten.
4) Welche
Aufgabenstellungen lösen denn die HR Business Partner typischer Weise in Ihrem
Unternehmen? Und welche HR-Themen erledigen sie mit Sicherheit nicht?
Herzstücke der Business
Partner Funktion sind Entwicklung und Fortschreibung
der People Strategie, die die generelle Unternehmensstrategie prägt und
unterstützt. – Im Alltag zudem die Unterstützung der Umsetzung derselben,
sowohl durch Bereitstellung klassischer HR Instrumente – Compensationprogramme,
Assessments als Beispiele – als auch der Begleitung von Veränderungsprozessen –
Szenarioplanungen, Kommunkationspläne als Beispiele.
Erforderlich um Luft für
derartige HR Arbeit zu haben, sind funktionierende Basisprozesse –
automatisierte Self-Service Mechanismen in der HRIT Infrastruktur oder HR
Shared Service Centren für sich wiederholende, einfache Transaktionen im
Mitarbeiterumfeld.
5) Beschreiben
Sie eine Situation, nach der das Business zu seinem Partner aus HR gesagt hat:
„Wow – das war wirklich gut!“
Im klassischen
Arbeitsbereich kommen mir hier Planungen für Organisationsveränderungen in den
Sinn, die ganzheitlich bis hin zu qualitativen Kommunikationsplänen durch den
HR Partner begleitet werden.
Ausserdem beispielhaft
sicherlich auch Themen, die „out of the box“ Denken und ganzheitliche
Verantwortung für das Unternehmen, seinen Erfolg und das Engagement der
Mitarbeiter dokumentieren. Übernahme von Verantwortung im Corporate Social
Responsibility Umfeld kann hier genauso ein Thema sein wie die Gründung kollaborativer
Führungsgremien in einer Matrixorganisation, um bereichsübergreifende
Entscheidungsprozesse zu vereinfachen.
Nicht zuletzt Themen, die messbar – durch interne
Mitarbeiterbefragungen oder externe Wettbewerbe zur Qualität des Arbeitsplatzes
– zum Unternehmenserfolg beitragen. - Beispiele sind hier nicht
allgemeingültig, sondern zeigen gerade ihre Stärke in der flexiblen,
zielgenauen Reaktion auf Anforderungen der Organisation. Denken Sie an mögliche
Befragungsergebnisse, die Unzufriedenheit mit den Sozialleistungen eines
Unternehmens ausdrücken und als Antwort eine Kommunikations- und
Transparenzoffensive hinsichtlich bestehender Leistungen oder Ähnliches.
6) Gibt
es denn etwas in Ihrem Unternehmen, das rund um den HR Business Partner noch besser
werden könnte?
Selbstverständlich sind
Lernprozesse des HR Partners gleichsam wie die Evolution der Organisationen
niemals abgeschlossen. – Mittelfristig wären qualitätssteigernde Massnahmen
insbesondere die immer wieder zu wiederholende Notwendigkeit einer klaren
Fokussierung auf die strategisch wichtigen Themen, verbunden mit dem Mut zu
einem „Nein“ zu dieser Fokussierung widersprechenden Anforderungen und
Bedarfen.
Gleichzeitig die saubere
Strukturierung und Businessintegration der gesamten HR Funktion in das
Unternehmen, die sicherstellt, dass Basisprozesse in aller
Selbstverständilichkeit verlässlich funktionieren. – Die anfangs genannte
Kernanforderung eines umfassenden Businessverständnisses
bringt zudem – insbesondere
in sich schnell bewegenden Märkten und Produktfeldern – die Anforderung eines
beständigen Weiterentwickelns der eigenen Fähigkeiten mit sich.
7) Was
kommt für Sie denn „nach dem HR Business Partner“, sagen wir mal so ab
2015/2020, oder bleibt dies eine Aufgabe auf Sicht?
Sciherlich die Frage nach
dem Blick in die Kristallkugel und mittelfristig ist die Etablierung des HR
Business Partners und die Notwendigkeit diesem Entfaltungsraum durch sauber
funktionierende, idealerweise weitgehend automatisierte Basisprozesse zu verschaffen
durchaus noch eine anspruchsvolle Aufgabe.
Langfristig kann die
Evolution der Rolle durchaus dazu führen, dass ein tiefes Businessverständnis
den HR Anteil subsidiär werden lässt und integriert, so dass der HR Business
Partner zum Business Leader mit People Fokus mutiert. – Im Alltag wird dies
vereinzelt schon heute augenscheinlich durch Aufgaben jenseits des klassischen
Personalbereichs, häufig in Gebieten wie Unternehmenskommunikation, Corporate
Social Responsibility oder Ähnlichem.
Ein Augenblick, in dem
klassische Grenzen verschwimmen und damit auch die Sollbruchstelle zu der
provokativen Frage, ob in einer idealen Welt jeder Business Leader, der immer
auch ein People Leader sein wird, selbst diesen People Fokus als seine
Kernverantwortung in einem innovativen Unternehmen wahrnehmen sollte. – Ein
Moment, in dem die klassische HR Funktion in Theorie sogar obsolet sein – und
in ihrem verbleibenden Teil wieder auf automatisierte oder durch Shared
Services Centren wahrgenommene Basisaufgaben zurückgeworfen werden könnte.
Ein Moment allerdings, der
im ständigen Veränderungsfluss und der ständigen Evolution von Organisationen
voraussichtlich nie umfassend erreicht werden wird.
8) Was
würde in Ihrem Unternehmen passieren, wenn man dem Business seinen HR Business
Partner wegnehmen würde?
Vor dem Hintergrund des
Gedankens unter Frage (7) sind richtungsweise zwei Szenarien denkbar: der
negative Trend wäre der, dass die Organisation ihren People Fokus schwächt, im
Extremfall verliert, weil die personifizierten Advokaten dieses Themas
verschwunden sind. – Der positive Trend wäre der, dass in Ermangelung
personifizierter Leader mit People Fokus dieses Vakuum durch die Businessleader
selbst gefüllt wird und die Entwicklung in Richtung des Szenarios, jeder
Business Leader selbst umfasst die vom HR Business Partner wahrgenommene Rolle
in Personalunion.
Die Wahrscheinlichkeit
liesse in der Realität einen Mix erwarten, der in Abhängigkeit von der
Evolutionsstufe der Organisation und auch ihrer einzelnen Protagonisten in
Führungsrollen abhängen würde.
guido wallraff - 2009
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